Das Grab ist bei Gott keine Sackgasse

Suizid und christlicher Glaube

Von Kerstin Körte

Jahrhundertelang hatte die Kirche eine sehr rücksichtslose Haltung zum Thema Suizid. Menschen, die den Freitod als einzig noch verbleibenden Ausweg sahen, wurden moralisch verdammt. Aber worin liegt die frühere Ablehnung des Christentums gegenüber dem Suizid begründet?

Der Beginn der Verurteilung lässt sich auf das 4. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Ursache war die Bereitschaft junger Christen, unbedingt den Märtyrertod sterben zu wollen. Daher wendet Kirchenvater Augustinus das erste Mal das Gebot „Du sollst nicht töten“ auch auf den Suizid an. Und im 13. Jahrhundert formuliert Thomas von Aquin: „Selbsttötung ist Mord!“

Diese strikte Ablehnung reichte bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Den so Verstorbenen wurde bis dahin ein christliches Begräbnis verweigert – was auch das Leid und die Schuldgefühle der Hinterbliebenen noch um ein Vielfaches vergrößerte.

Obwohl das „Beerdigen hinter der Friedhofsmauer“ seitdem glücklicherweise der Vergangenheit angehört, hat sich dieses Denken, haben sich diese alten Glaubensüberzeugungen, dennoch in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt. Deshalb ist Suizid auch heute immer noch ein Tabu-Thema und in der Gesellschaft nicht akzeptiert.

Die Bibel dagegen ist bei diesem Thema relativ vorurteilsfrei – wenn ein Mensch in völlige Verzweiflung gerät und absolut keinen anderen Ausweg sieht.

Wie zum Beispiel bei Saul, der sich in sein eigenes Schwert stürzt, um der Schmach zu entgehen, den Feinden in die Hände zu fallen. Und Judas erhängt sich in seiner großen Verzweiflung nach dem Verrat an Jesus.

Trotzdem verstößt der Suizid, genau wie der Mord an einer fremden Person, gegen Gottes Gesetz. In den 10 Geboten heißt es wörtlich: „Du sollst nicht morden.“ (2.Mose 20,13)

Aber in der Bergpredigt wird deutlich: sogar der, der nicht gemordet hat, ist doch so schuldig wie ein Mörder, weil seine Gedanken und Worte bewusst gegen andere gerichtet sind.

Kein Wunder, dass Paulus wiederholt, was auch schon der Psalmist sagt: „Da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer.“ (Römer 3, 20)

Aber zum Glück macht Gottes Gnade an der Grenze des Todes nicht halt. Denn Gott selbst macht an der Grenze des Todes nicht halt. Gott war nicht nur bei Jesus im Grab, als er ihn auferweckte, sondern hat ihm auch in seinen schwersten Stunden Beistand geleistet.

Aus eigenem Erleben weiß Jesus, wie sich Tod und Verzweiflung anfühlen. Er weiß, wie es ist, ganz unten zu sein.

Und Menschen, die sich selber aus dem Leben nehmen wollen, sind auch ganz unten. Sie leiden oft an Depressionen – fühlen sich völlig überfordert mit ihrem Leben, hoffnungslos, voller Schuld, haben kein Selbstvertrauen mehr, keinerlei Entschlusskraft. Ihr Leben erscheint ihnen völlig sinnlos.

Die Depressionen verhindern das Begreifen, wie sehr sie von Gott geliebt und gehalten sind. Selbst gutes Zureden empfinden sie als leere Worte, Trost bleibt ihnen versagt, von Gott spüren sie nichts mehr.

„Und bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.“ (Psalm 139,8)

Glücklicherweise ist das Grab bei Gott keine Sackgasse, sondern ein Tunnel – es gibt einen Ausgang aus der Dunkelheit, einen Ausgang ins jenseitige Leben, wo alles anders wird – ganz anders. Ohne Depressionen. Ohne Schmerz. Mit ganz viel Licht.

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