Warum Belletristik bei Veränderungsprozessen hilft
Bei Blattwenden stellen wir regelmäßig Bücher vor: Ratgeber, Kinderbücher und Romane. Dass wir Ratgeber vorstellen, leuchtet vermutlich den Meisten ein: Sie sind Hilfestellungen in Buchform, vermitteln nützliches Wissen, geben wertvolle Impulse. Kinderbücher hingegen sind „Türöffner“, um mit den Kleinen über Trauer, Tod und Suizid ins Gespräch zu kommen. Aber warum bitteschön auch Romane?
Von Nicole Sturm
Zum einen sind wir beiden Nicoles „Büchertanten“: Das Lesen (und Schreiben) von Büchern gehört einfach zu unserem Leben dazu. Vor allem aber haben wir die Erfahrung gemacht, dass Lesen richtig guttun kann!
Man kann in Geschichten versinken, sich mit den handelnden Personen identifizieren, sich in ihre jeweilige Lage hineinversetzen. In Gedanken spielt man die Situationen durch, fühlt mit ihnen. Und während man das tut, kommt man ganz nebenbei auch mit sich selbst in Kontakt: mit den eigenen Wünschen, Hoffnungen, Bedürfnissen und Gefühlen.
Beim Lesen erlaubt man sich Gedankenexperimente, die man sich im realen Leben sofort verbieten würde. Man wagt Perspektivwechsel – weil es ja nur eine Geschichte ist. Und doch erweitern diese Gedankenexperimente und Perspektivwechsel unseren Aktionsradius:
Plötzlich sind ganz andere Dinge denkbar. Und wenn sie denkbar sind, sind sie vielleicht ja sogar erlebbar. Denn was wir in Gedanken beim Lesen schon einmal vollkommen unverbindlich durchgespielt haben, das ist womöglich auch im realen Leben gar nicht so abwegig, wie bislang vermutet.
So kann es passieren, dass wir Nora Seeds Geschichte in „Die Mitternachtsbibliothek“ verfolgen, von ihren Erlebnissen lesen und und mit einem Mal mit Fragen rund um unser eigenes Leben konfrontiert sehen: Was sind die Dinge, die ich bereue? Gibt es wirklich den einen richtigen Weg im Leben, der alleine glücklich macht? In „Marianengraben“ können wir Paula auf ihrem wilden Roadtrip begleiten. Womöglich begegnen wir dabei der Frage, wie tief wir selbst im Trauerloch drinstecken oder wovor wir möglicherweise weglaufen.
In Romanen begegnen uns Menschen, Situationen, Fragen und Gefühle. Lesend dürfen wir diese (fiktiven) Charaktere auf ihrem Weg begleiten, ihren Gedankengängen folgen, ihnen beim Fehler machen zusehen – aber ebenso beim Aufstehen.
Lesend dürfen wir uns, wenn wir wollen, fragen, wie wir selbst mit solch einer Situation umgegangen wären. Gut möglich, dass wir uns hier oder da wiedererkennen. Und wenn es gutgeht, dann können wir neue Gedanken für unser eigenes Leben mitnehmen.
Romane können einfach Bücher sein: Geschichten, in die man für ein paar unterhaltsame Stunden abtaucht. Die uns in düsteren Stunden wohltuend ablenken. Sie können aber genauso gut Türöffner sein in neue Welten.
Deshalb stellen wir bei Blattwenden Romane: Weil wir uns wünschen, dass sie euch genauso guttun wie uns!